Nicht mehr ganz frisch, aber jetzt erst entdeckt und egal, weil zeitlos: eine sehr freundliche brand-eins-Reportage von Peter Lau (Fünf Thesen über eine arme Stadt / Juli 2013) über sehr geduldige Aktivisten, Initianden und Bürgerprojektler in Wuppertal, die sich sehr, sehr freundlich über ihre Kommunalverwaltung äußern. Klar, was sollen sie auch anders tun?
Das geht zum Beispiel so:
Der Unternehmensberater Carsten Gerhardt (…) hatte die Idee, die rund 22 Kilometer lange (ehemalige Bahn-)Strecke zu einem Rad- und Wanderweg zu machen, fand Mitstreiter, gründete den Verein Wuppertal Bewegung e.V. und wandte sich an die Stadt. Die war begeistert. Theoretisch jedenfalls.
„Wir haben eine Machbarkeitsstudie geschrieben“, erzählt Gerhardt, „in der wir skizziert haben, was der Mehrwert der Trasse ist und welche Fördermittel möglich wären. Das Budget sollte zwischen 12 bis 16 Millionen Euro betragen. Wir haben sie der Stadt vorgestellt, aber die sagte, sie habe nicht die nötigen Eigenmittel – 20 Prozent der Fördersumme muss die Stadt selber aufbringen. Also haben wir Geld gesammelt: drei Millionen Euro in den ersten vier Monaten 2007.
Damit sind wir zur Stadt, aber die sagte, sie habe nicht die Kapazitäten, einen Förderantrag zu stellen. Also haben wir den Antrag selber geschrieben. Zwei von uns haben da viel Freizeit reingesteckt, außerdem hatten wir zwölf Ingenieure, die einzelne Bauwerke begutachtet haben. Im Mai 2008 kam die Zusage zur Förderbereitschaft.
Wir sind damit zur Stadt gegangen, aber die sagte, sie könne den Bau nicht durchführen, weil sie keine Kapazitäten habe. Da haben wir die Wuppertaler Nordbahntrassen GmbH gegründet, eine gemeinnützige Gesellschaft, die die Trasse bauen, 20 Jahre betreiben und die Stadt von allen Pflichten freistellen sollte. Im April und Mai 2010 haben wir zwei, zweieinhalb Kilometer fertiggestellt.
Danach hat die Stadt das Projekt an sich gezogen.“ Die Begründung: Vorschriften wurden nicht eingehalten, auch förderrechtlich sei nicht alles ordentlich gelaufen. (brand eins / 07.2013 / S. 143)
Lieber Peter Lau, liebe brand-eins-Redaktion, DANKE! Dieser Artikel öffnet uns die Augen: wir haben es in Deutschland mit einem stereotypen destruktiven Verhaltensmuster, einem autoritären Syndrom zu tun! Und dank dieses Artikels und dank der famosen Wuppertaler Bürger nenne ich dieses Syndrom ab heute das Wuppertal-Syndrom!
Dieses geht – ich darf das jetzt mal sagen, ich wohne ja nicht in Wuppertal und schreibe auch nicht darüber in einem angesehenen Magazin – ziemlich genau so:
Das Wuppertal-Syndrom // Bürgerengagement als Störfaktor von Verwaltung weiterlesen