Schuss, Kette, Pixel – die Renaissance der traditionellen Jacquard-Weberei in Sachsen

(alle Fotos © Jan Kobel / aus den Jacquard-Webereien in Crimmitschau und Braunsdorf / Niederwiesa. Titelbild: Seidenweberei von ca. 1900)

„Industriekultur“ ist ein Topos unserer Zeit von wachsender Bedeutung. Er hat architektonische, städtebauliche, handwerkliche, soziokulturelle und sogar energiepolitische Bezüge. Nur selten verstehen wir darunter die Fortführung eben jener technischen Kultur, die die baulichen Zeugen aus der Zeit der industriellen Entwicklung Europas einst beherbergten. Doch es gibt sie wieder, die Manufakturen und Fabriken, die heute noch fabrizieren wie vor 150 Jahren.

Zwei dieser traditionellen und zukunftsträchtigen Unternehmen sind die Camman Gobelin Manufaktur (1886 Chemnitz) und die Seidenmanufaktur Eschke (1868 Mühltroff/Vogtland), beide vor Untergang und Vergessen gerettet und wieder aufgebaut von Peggy Wunderlich und Torsten Bäz aus Chemnitz und ihren Mitarbeitern.

Wunderlich und Bäz sind Visionäre der besonderen Art, deren Aufbauwerk mit diesem Artikel vorgestellt werden soll. Bevor ich darauf genauer zu sprechen komme, ein paar Erläuterungen zum grundsätzlichen Verständnis der Jacquard-Weberei und ihrer Bedeutung für die mechanische Reproduktion des Bildes und die Digitalisierung von Prozessen.

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Jacquard-Webstühle der Camman Gobelin Manufaktur in Braunsdorf. Von der Decke hängend im Vordergrund die Lochkarten, die für jeden Kettfaden eine Rauf-Runter-Programmierung enthalten, im Hintergrund die Steuerungsfäden für die Kettfäden.
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„Europa wird sich zu einem Museum des Postindustrialismus entwickeln, mit dem Tourismus als Haupteinnahmequelle“

Dr. US-Ökonom Michael Hudson über die Geopolitik der USA, die Rolle Europas darin, und warum eine Multipolare Welt mit dem Eurasischem Raum als neuem Machtzentrum unvermeidbar ist.

Ohne darüber zu reden, geht Hudson davon aus, dass die europäischen Nationen unter der Leitung der EU in Brüssel weiterhin den US-Direktiven folgen werden und nicht nur das Decoupling von Russland, sondern auch von China durchsetzen werden. Ob das tatsächlich so eintritt, ist meines Erachtens noch nicht entschieden, auch angesichts der deutschen Ambitionen, eine neue weltweit aktive „Ordnungsmacht“ werden zu wollen. Das europäische Kapital wiederum sieht das so oder so relativ gelassen, es ist international aufgestellt – und wandert aus.

Dieser Text, ein Interview, wurde
https://www.nakedcapitalism.com/2022/12/michael-hudson-discusses-the-future-of-europe-and-global-restructuring.html
entnommen, mit DeepL übersetzt und von mir redigiert.

Titelbild: Chemnitz, Ernst-Ludwig Kirchner, 1925

FRAGE:
Herr Hudson, Sie sagten: „Was Sie als „Blockierung von Nord Stream 2″ bezeichnen, ist in Wirklichkeit eine Buy-American-Politik.“ Könnten Sie das kommentieren?

MICHAEL HUDSON:
Die Außenpolitik der USA konzentriert sich seit langem auf die Kontrolle des internationalen Ölhandels. Dieser Handel trägt in hohem Maße zur Zahlungsbilanz der USA bei, und seine Kontrolle gibt den US-Diplomaten die Möglichkeit, andere Länder zu kontrollieren.

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Antikunst-Happening in Kassel

Wir durften schonmal reinschauen, in die documenta fifteen, wo sie Kunst als kollektiven Resonanzraum des sozialen Lebens feiern – und den elitären Kunstmarkt einfach aussperren

Titelbild:
Demonstrationspappen aus Indonesien, auf der diesjährigen documenta in kollektiver Dauerproduktion

Jan Kobel, 16.6.2022

Die Kunst ist das eine, ihre Vermarktung das andere. Soll heißen: Kunst kann alles mögliche sein, aber der Kunstbetrieb, das ist doch eine klar definierte Sache.

Die funktioniert so: Die Kuratoren der bedeutenden Museen und die großen, zumeist angelsächsischen Galeristen wachen über die Zugänge zum Heiligen Gral, zu den mit Milliarden Dollar gefüllten Töpfen der Sammler und Sammlungen. Sie suchen natürlich nur „die Besten“, die Elite der Kunstwelt, die ihr Geld wert sind, und die will erst einmal definiert sein. 

Back to Basics: Filzpantoffel aus Yak-Haaren als Aufklärung über die Nachhaltigkeit des nomadischen Lebens. Hafenstraße 76

The Winner Takes it All, was sonst, der Rest darf an die Volkshochschule. So muss das sein, denn erst der Existenzkampf der erfolglosen Künstler gibt den Handverlesenen die AURA DES GENIALEN. Zwischen Elite und Looser ist nur wenig Platz, und der wird auch immer enger. Niemand hat dich gezwungen, Künstler werden zu wollen. 

Größenwahn und Scham, Rausch und Einsamkeit, Starkult und Verachtung – das ist die Welt des kapitalistischen Kunstbetriebs und all derer, die dazugehören wollen, bis nach China. Das Business ist wirklich Big und die Verlockungen sind groß. Aber: Die diesjährige documenta will das nicht!

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Die Schokoladenfabrik Greußen darf nicht abgerissen werden!

Die konzeptlose Zerstörung des industriekulturellen Erbes und energetisch wertvoller Bausubstanz in Thüringen, Sachsen und Sachsen-Anhalt mit staatlichen Mitteln scheint kein Ende zu finden – allen gegenläufigen Diskussionen in Wissenschaft und Forschung und allen politischen Bekenntnissen zur Nachhaltigkeit zum Trotz

Diesmal: Greußen, nördlich unweit der Landeshauptstadt Erfurt gelegen. Thüringens Wirtschaftminister Wolfgang Tiefensee lässt verkünden, dass er Anfang Januar der Stadt Greußen persönlich einen Fördermittelbescheid über zwei Millionen Euro (!) übergeben wird zur Zerstörung eines einmaligen und sanierungsfähigen Industriedenkmals nur 30 Bahnminuten vom Hauptbahnhof Erfurt entfernt.

Das TMWWDG ignoriert damit nicht nur den vieldiskutierten Neustart baupolitischer Richtlinien und Zielsetzungen, es mißachtet auch die seit langem laufenden Diskussionen und neue fachliche Befunde.

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Der Dadaismus des Blechschadens

Die große Retrospektive des Fotografen Arnold Odermatt in der Kunsthalle Erfurt

Arnold Odermatt wurde 1925 im Schweizer Kanton Nidwalden geboren und arbeitete zeit seines Berufslebens als Verkehrspolizist. Die seiner Profession zugehörige Aufgabe der Dokumentation von Unfällen nahm Odermatt allerdings so ernst, dass seine Bilder 2001 auf der Biennale in Venedig ausgestellt wurden. Seitdem diskutiert die Kunstwelt von Winterthur bis Chicago, wie es wohl sein könne, dass ein Polizist in der Ausübung seines Amtes Kunst schafft, obwohl er dies – nach eigener Aussage – gar nicht beabsichtigt habe.

© Urs Odermatt / Windisch
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