Eine Leseempfehlung zum Thema Architektur, Städtebau und Stadtentwicklung ist der Artikel von Ulrich Hammerschmidt in der Freien Presse aus Chemnitz:
http://www.freiepresse.de/NACHRICHTEN/KULTUR/Die-Mauern-muessen-weg-artikel9450828.php.
(Ergänzung 06.03.2017: ARTIKEL LEIDER NICHT MEHR AUFFINDBAR!)
Das Museum Gunzenhauser in Chemnitz verfügt über eine umfangreiche Sammlung der Klassischen Moderne – hier: Serge Poliakoff und Willi Baumeister (hinten) – und über eine passende Heimstadt: ein mit viel Respekt saniertes und umgebautes ehemaliges Sparkassengebäude von Fred Otto aus dem Jahre 1928.
Hammerschmidt schreibt über urbane Mauern, die die Verkehrsplanung der sechziger und siebziger Jahre errichtet hat und die moderne Architektur jetzt wieder errichtet, und notiert einige andere sehr richtige Beobachtungen, bezugnehmend auf den Architekten Alvar Aalto und den Stadtplaner Dieter Hoffmann-Axthelm.
Lustigerweise war ich erst wenige Monate zuvor in Chemnitz und lief genau die Straßenzüge und Gebäude ab, die Hammerschmidt hier beschreibt. Das brachte mich auf die Idee, jeweils ein Zitat mit meinen Chemnitzer Fotos zu kombinieren:
1_Dichte
Chemnitz verdichtet sich. Die Leere in der historischen Mitte der Stadt hat begonnen zu verschwinden. Ein Kaufhaus aus Terrakotta ist nach der Wende am Roten Turm entstanden, zwei Glaspaläste, ein „Weißes Haus“ für Behörden, Wohn- und Geschäftshäuser entlang der sogenannten Mittelstandsmeile. Beste Voraussetzungen eigentlich dafür, was Hoffmann-Axthelm den „Verdichtungsprozess von innen nach außen“ nennt.
2_Kunstleuchttürme
Das Museum Gunzenhauser zum Beispiel. Es ist ein Leuchtturm. Ein einsamer Punkt also inmitten eines Meeres, das aus mit Straßen versiegelter Fläche besteht. Wer versucht, ihn zu Fuß zu erreichen, hat das Gefühl, eine Weltreise anzutreten.
3_Mauern
Vor allem die Bahnhofsstraße schneiden sich ein ins Stadtbild wie ein Asphalt-Band, das nichts aus dem Rahmen fallen lässt. Es schnürt der Stadt die Luft ab, nimmt ihr den Atem, den das urbane Leben jenseits dieser Blockade so dringend braucht.
4_Parzellierung
Brutal müssten dazu die Einschnitte in die überproportional vorhandenen Verkehrswege sein: zwei Spuren weniger, dafür mehr Raum für die Gebäude. Und darüber hinaus sollte man (…) auf das bewährte Instrument der Parzellierung setzen: anstelle einer Stadtentwicklung der Großformate das planerische Angebot kleinteilig gegliederter Bodenstrukturen zugunsten einer Mehrzahl von Bauherren. Das heißt: Die Zeit der großen Bauten und geschlossenen Komplexe sollte an den noch zu schließenden Lücken ein Ende finden – zugunsten einer, so Hofmann-Axthelm, „hochgradigen architektonischen Individualisierung“.
Lew Poliakow